Orale Kontrazeption: Frauen mit erhöhtem VTE-Risiko profitieren von Drospirenon 4 mg

27.05.2024

Eine erfolgreiche Verhütungsberatung bedeutet heutzutage mehr als ein Pillenrezept zu überreichen. Bei der Wahl eines geeigneten Präparates sind neben einer sicheren Kontrazeption auch gesundheitliche Risiken sowie das Ausschöpfen möglicher Zusatznutzen der Wirkstoffe relevant. Welche Aspekte insbesondere bei Frauen mit erhöhtem VTE-Risiko zu beachten sind und warum eine Verhütung mit oralen Gestagen-Monopräparaten hier eine gute Option sein kann, verdeutlichte Dr. Anneliese Schwenkhagen, Hamburg.*

Bei Kontrazeptionswunsch in Risikosituationen müssen Gynäkolog:innen entscheiden, welches Verhütungsmittel für die Patientin geeignet ist. Laut Dr. Anneliese Schwenkhagen, Hamburg, sollte insbesondere bei Frauen mit gesundheitlichen Einschränkungen wie kardiovaskulären oder thromboembolischen Risiken die Verordnung von Kombinationspräparaten kritisch gesehen werden. Dazu gehören unter anderem ein Alter über 35 Jahre, ein Body-Mass-Index (BMI) von ≥ 25 kg/m2 sowie Rauchen (einschließlich der Ex-Raucherinnen) oder eine Thrombose in der Familienanamnese.1

Summe von Faktoren entscheidend für die Kontrazeptionswahl
Für die Risikoeinschätzung ist entscheidend, „dass es meist nicht ein einzelner Faktor ist, der ein Ereignis auslöst, sondern die Summe von Risiken, die sich zum Teil potenzieren und das Fass zum Überlaufen bringen“, betonte die Expertin. Für das Arzt-Patientinnen-Gespräch empfiehlt sie die BfArM-Checkliste2, die sich im Praxisalltag als äußerst praktisch und hilfreich erwiesen habe. Dabei rate das Institut, die Checkliste regelmäßig zu nutzen, da sich Risikofaktoren mit zunehmendem Alter der Patientin ändern können. Die Verordnung eines Kombipräparates sieht Schwenkhagen auch dann kritisch, wenn Frauen zwar ein niedriges Basisrisiko aufweisen (z.B. BMI, Blutdruck, Alter im Normbereich), sich dieses jedoch durch bestimmte Faktoren, wie einen Langstreckenflug, eine krankheitsbedingte Immobilisierung (z. B. Grippe oder Fraktur) oder eine Faktor-V-Leiden-Mutation, möglicherweise vervielfachen würde. In solchen Fällen sei die zusätzliche Verordnung eines Kombinationspräparates laut Expertenmeinung absolut kontraindiziert.

Gestagen-Monopräparate bei erhöhtem VTE-Risiko einsetzen
Die evidenzbasierte Empfehlung der aktuellen S3-Leitlinie ‚Hormonelle Empfängnisverhütung‘ für Frauen mit erhöhtem VTE-Risiko1 fasste Schwenkhagen mit den Worten „Gestagen-Mono geht fast immer“ zusammen (Ausnahme Depot-DMPA). Gestagene haben als orale Monosubstanz keinen Effekt auf das Gerinnungssystem und sind daher nicht mit einem erhöhten VTE-Risiko verbunden. Bei der Wahl eines geeigneten Gestagen-Monopräparates sei im Einzelfall zu prüfen, welchen Zusatznutzen das eingesetzte Gestagen realisieren könne, so die Gynäkologin.

Partialwirkungen von Drospirenon nutzen
Im Gegensatz zu anderen Gestagenen hat Drospirenon, ein Spirolacton-Derivat, ein ähnliches pharmakologisches Profil wie Progesteron, insbesondere hinsichtlich der antimineralokortikoiden Wirkung.3 Dies könne den Blutdruck bei Frauen mit milder Hypertonie positiv beeinflussen.4 Unter den oralen Gestagen-Monopräparaten mit der Indikation Kontrazeption ist Drospirenon als einziges auch antiandrogen wirksam. Diese Eigenschaft könne laut Schwenkhagen Hautunreinheiten und Zyklusunregelmäßigkeiten positiv beeinflussen.

Dysmenorrhoe bei Adoleszentinnen reduzieren
Wie Studiendaten belegen, ist auch bei jungen Frauen mit Dysmenorrhoe und Verhütungswunsch die Anwendung von Drospirenon 4 mg eine sinnvolle Option. In einer multizentrischen, offenen Studie berichteten Adoleszentinnen im Alter von 12-17 Jahren mit moderater bis ausgeprägter Dysmenorrhoe nach einem Beobachtungszeitraum von 6 Zyklen bzw. einer Verlängerung um weitere 7 Zyklen über eine deutliche Reduktion der Beschwerden. Nach 6 Monaten bewerteten 85 % der Teilnehmerinnen die Verträglichkeit von Drospirenon 4 mg als „ausgezeichnet“ oder „gut“.5

Verhütung in der Perimenopause
Eine weitere Patientinnengruppe, die bei der Kontrazeptionsberatung beachtet werden muss, sind Frauen im beginnenden perimenopausalen Übergang. Diese Phase ist gekennzeichnet durch ausgeprägte hormonelle Schwankungen verbunden mit einer abnehmenden ovariellen Aktivität sowie Blutungsproblemen, die Schwenkhagen mit „Springfluten und Tsunamis statt Ebbe und Flut“ anschaulich beschrieb. Gleichzeitig müsse auf Symptome wie arterielle Hypertonie, Übergewicht, Schlafstörungen und Ödeme geachtet werden. Prämenopausale Frauen stellen für die Hormonexpertin „eindeutig die klassische Konstellation für die Verordnung von Drospirenon-Mono dar“.

Drospirenon 4 mg – sicher und verträglich auch bei erhöhtem VTE-Risiko
Als Gestagen-Monopräparat verbindet die Drospirenon 4 mg Pille Slinda® die positiven Eigenschaften einer östrogenfreien oralen Verhütung im Hinblick auf Sicherheit und unerwünschte Nebenwirkungen mit den pharmakologischen Vorzügen des dem natürlichen Progesteron pharmakologisch ähnlichen Drospirenon. Drospirenon 4 mg im 24/4 Einnahmeschema (24 wirkstoffhaltige und 4 Placebo-Tabletten) zeigt eine hohe kontrazeptive Wirksamkeit. Mit einem Pearl-Index von 0,73 ist Slinda® genauso effektiv wie kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) – sogar mit einem 24-Stunden-Einnahmefenster.

Wie Schwenkhagen abschließend resümierte, bietet Drospirenon 4 mg mit seiner antigonadotropen, antimineralokortikoiden und antiandrogenen Partialwirkung eine sichere und verträgliche kontrazeptive Option auch für Risikopatientinnen mit erhöhtem VTE-Risiko sowie stillende Frauen. Damit präsentiert sich Slinda® als eine wertvolle Ergänzung des Portfolios oraler Gestagen-Monopräparate.

Quellen:
* Meet the Expert „Drospirenon-Mono – für wen und warum?“ am 15. März 2024 im Rahmen des Fortbildungskongress FOKO des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. (BVF), 14.-16. März 2024, Düsseldorf.
[1] Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG), Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). 2020; S3-Leitlinie Hormonelle Empfängnisverhütung. AMWF-Registernummer 015/015, Version 1.2.; Evidenzbasiertes Statement 1.S1, S. 40 (Evidenzgrad 2++), Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-015l_S3_Hormonelle_Empfaengnisverhuetung_2020-09.pdf (letzter Zugriff am 25.05.2024).
[2] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Checkliste zur Verringerung von Arzneimittel- und Anwendungsrisiken – Ärztinnen und Ärzte. Verfügbar unter: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Risikoinformationen/EducationMaterial/Anlagen/g-l/kombinierte-hormonelle-kontrazeptiva-aerzte.pdf?__blob=publicationFile (letzter Zugriff am 25.4.2024).
[3] Krattenmacher R. Drospirenone: pharmacology and pharmacokinetics of a unique progestogen. Contraception. 2000 Jul;62(1):29-38. doi: 10.1016/s0010-7824(00)00133-5.
[4] Palacios S, Colle E, Regidor PA. Efficacy and cardiovascular safety of the new estrogen-free contraceptive pill containing 4 mg drospirenone alone in a 24/4 regime. BMC Womens Health, 2020; 20(1):218. doi: 10.1186/s12905-020-01080-9.
[5] Apter D, Colli E, Gemzell-Danielsson K et al. Multicenter, open-label trial to assess the safety and tolerability of drospirenone 4.0 mg over 6 cycles in female adolescents, with a 7-cycle extension phase. Contraception, 2020; 101: 412-9. doi: 10.1016/j.contraception.2020.02.004.