Diabetes in der Schwangerschaft vorbeugen

15.05.2023
Schwangerschaft
Myo-Inositol kann bei übergewichtigen Schwangeren das Risiko für Gestationsdiabetes senken

Die Diagnose Gestationsdiabetes trifft immer mehr Schwangere. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Inzidenz mehr als verfünffacht. Starkes Übergewicht vor der Schwangerschaft ist ein wichtiger Risikofaktor. Eine Studie1 mit 220 übergewichtigen Schwangeren zeigt, dass durch die Einnahme von myo-Inositol ab dem ersten Trimester die Inzidenz von Gestationsdiabetes bei übergewichtigen Frauen verringert werden kann, indem die Insulinresistenz verbessert wird.

Bundesweit erkranken jährlich etwa 45.000 Frauen an Gestationsdiabetes2. Die Betroffenen bemerken häufig nichts von ihrer Erkrankung, da sie meist beschwerdefrei bleibt. Trotzdem erhöht ein Gestationsdiabetes das Sterblichkeits- und Fehlbildungsrisiko des Kindes. Bei der werdenden Mutter kann ein erhöhter Blutdruck auftreten3. Die meisten oralen Antidiabetika sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Auch Metformin beispielsweise wird in den aktuellen S3 Leitlinien zum Gestationsdiabetes mellitus nur nach umfassender diagnostischer Abklärung als off-label-Therapie erwähnt. Einer drohenden Insulintherapie kann nur mit einer sofortigen Ernährungsumstellung und regelmäßiger Bewegung entgegengewirkt werden.
Deshalb wurde in einer offenen, randomisierten, kontrollierten Studie untersucht, ob die Gabe von myo-Inositol eine Möglichkeit für eine effektive Prävention von Gestationsdiabetes bei übergewichtigen, schwangeren Frauen sein kann.

Insgesamt wurden 220 schwangere Frauen in der 12. bis 13. Schwangerschaftswoche mit einem Body Mass Index (BMI) von ≥ 30 kg/m2 vor der Schwangerschaft in die Studie eingeschlossen und randomisiert. 110 Patientinnen nahmen bis zur Geburt 2-mal täglich 2 g myo-Inositol + 200 μg Folsäure (wie zum Beispiel Clavella®) ein, während 110 Patientinnen in der Kontrollgruppe 2-mal täglich nur 200 μg Folsäure erhielten.

Bei beiden Gruppen wurde das Auftreten eines Gestationsdiabetes und die Veränderung der Insulinresistenz von Studienbeginn bis zum diagnostischen oralen Glukosetoleranztest in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche gemäß Homeostasis Model Assessment (HOMA)-Index für Insulinresistenz (IR) erfasst. Zusätzlich wurden eventuelle unerwünschte Nebenwirkungen dokumentiert.

Weniger Gestationsdiabetes mit myo-Inositol

In der myo-Inositol-Gruppe wurden beim oralen Glukosetoleranztest signifikant reduzierte Glukose-Werte im Vergleich zur Kontrollgruppe gemessen. Die Unterschiede waren auch nach Herausrechnen potenzieller Einflussfaktoren (z. B. Auftreten von Typ-2-Diabetes in der Familie) signifikant.

Entsprechend wiesen die Patientinnen, die myo-Inositol + Folsäure einnahmen, eine signifikant geringere Insulinresistenz mit einer Verringerung des HOMA-Index für Insulinresistenz von –1,0 ± 3,1 im Vergleich zu 0,1 ± 1,8 in der Kontrollgruppe auf (p = 0,048). Im Ergebnis entwickelten sie signifikant seltener einen Gestationsdiabetes als Patientinnen in der Kontrollgruppe (14,0 % vs. 33,6 %; p = 0,001; siehe Abb.). Das Risiko für Gestationsdiabetes reduzierte sich um 66 % (Odds Ratio [OR]: 0,34; 0,17 – 0,68) und eine angepasste OR von 0,30 (0,14 – 0,66) im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Zusätzlich traten in der Kontrollgruppe signifikant häufiger Schwangerschaftsbluthochdruck auf (5,8 % vs. 0 %; p = 0,02) und Neugeborene mussten signifikant häufiger auf einer neonatalen Intensivstation behandelt werden (4,8 % vs. 0 %; p = 0,03). Unerwünschte Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Studienmedikation wurden nicht berichtet.

Damit erwies sich die Nahrungsergänzung mit myo-Inositol und Folsäure ab dem ersten Trimester bis zum Ende der Schwangerschaft bei übergewichtigen Frauen als eine einfache und gut verträgliche Möglichkeit, um die Insulinresistenz zu verbessern und die Inzidenz von Gestationsdiabetes zu verringern.1

Quellen:
1) D’Anna R, Di Benedetto A, Scilipoti A, Santamaria A, Interdonato ML, Petrella E, Neri I, Pintaudi B, Corrado F, Facchinetti F. Myo-inositol supplementation for prevention of gestational diabetes in obese pregnant women – A randomized controlled trial. Obstet Gynecol 2015;126:310-315
2) Deutscher Gesundheits­bericht Diabetes 2020.
3) Richard Daikeler, Götz Use, Sylke Waibel: Diabetes. Evidenzbasierte Diagnosik und Therapie. 10. Auflage. Kitteltaschenbuch, Sinsheim 2015, ISBN 978-3-00-050903-2, S. 128.