Bild von junger Frau, die auf ihr Telefon sieht

Die verletzte Generation Z

22.06.2022
Exeltis
Psychische Belastung junger Menschen in Krisen –Welche Rolle spielen der menschliche Austausch und neuartige professionelle Angebote?

Zur Generation Z gehören Kinder und Jugendliche, die seit dem Beginn des neuen Jahrtausends geboren wurden. Sie sind die ersten „echten“ Digital Natives. Gleichzeitig sind sie die Generation, die zeit ihres Lebens mit Krisen konfrontiert wurde, oder – anders ausgedrückt – von Eltern und anderen Erwachsenen betreut und begleitet wurde, die ihrerseits immer wieder schwierige Zeiten erlebten. Neben verschiedenen finanziellen Krisen bleiben die kollektiv erfahrene Bedrohung durch 9/11, die als Flüchtlingskrise bezeichneten Migrationsbewegungen der Jahre 2015/16 im Gedächtnis, sowie die immer stärker wachsende Erkenntnis einer globalen Klimakrise.

Es scheint wenig überraschend, dass das Aufwachsen in diesen Jahren dazu führt, dass jeder Einzelne sehr gute Bewältigungsstrategien ausbilden muss, um angesichts dieser gefühlten und medial verstärkten Bedrohungen nicht den Halt zu verlieren oder den Kopf in den Sand zu stecken.

Nachdem einer WHO-Umfrage1 zufolge das mentale Wohlbefinden junger Menschen in vielen europäischen Ländern bereits 2014 bis 2018 deutlich zurückgegangen war, setzte die Pandemie mit den Auswirkungen der Lockdowns noch einen drauf. Wie unglücklich Kinder und Jugendliche in Folge der geschlossenen Bildungseinrichtungen wirklich waren, belegt sehr eindrücklich die COPSY-Studie2 (Corona und Psyche) des Hamburger UKE unter der Leitung der Psychologin Ulrike Ravens-Sieberer. Ganze 71 % der 11- bis 17-Jährigen fühlten sich äußerst oder ziemlich belastet während der Corona-Krise. Psychische Auffälligkeiten fanden sich bei 31 % statt wie vorher bei 18 %, vor allem Angststörungen nahmen zu.

Andererseits tauschen sich diese jungen Menschen mehr als jede Generation vorher über psychische Probleme aus. Social-Media-Kanäle (allen voran TikTok und Instagram) sind für die Digital Natives eine wichtige Plattform zum Austausch. Und sie sind bereit, sich professionelle Unterstützung zu holen. 37 % der Gen Z waren schon einmal oder sind in psychotherapeutischer Behandlung. Das ergab die APA Stress in America Survey 20183. Zum Vergleich: Bei den Babyboomern sind es 22 % und bei noch älteren Menschen 15 %.

Psychische Gesundheitstools speziell für Kinder und Jugendliche bieten bereits heute Unterstützung – neuartige Mental-Health-Produkte und technisch unterstützte Services, mit denen die Mitglieder der Gen Z daran arbeiten können, ihr mentales Gleichgewicht wiederherzustellen oder gar nicht erst zu verlieren. Gefragt sind weitere Angebote, die bei psychischen Ungleichgewichten Hilfe bieten. Vor allem muss dabei die Möglichkeit der psychologischen und psychotherapeutischen Begleitung über alle Kanäle hinweg – ob persönlich oder digital – ausgebaut werden.

Wie wichtig trotzdem die Begleitung der Eltern in Krisenzeiten ist, betont Katrin Sevecke4, Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Kinder seien viel abhängiger von ihrem psychischen Umfeld als Erwachsene. „Kinder und Jugendliche haben mehr Sorgen, wenn auch die Erwachsenen Sorgen haben“, so Sevecke.

Ob und wie sehr Kinder eine Situation als belastend erleben, hängt stark davon ab, wie Bezugspersonen auf die Krise reagieren. Gerade derzeit, in denen einer Krise die nächste zu folgen scheint, sind Eltern deshalb als Vorbild gefordert.

Corinna Mühlhausen, Trend- und Zukunftsforscherin zum Megatrend Gesundheit, Zukunfts Institut
Der vollständige Artikel zum Thema Generation Z ist ein Auszug des HEALTH REPORT 2022 von Corinna Mühlhausen.

Bild vom Buch des Health Reports
HEALTH REPORT 2022 Autorin: Corinna Mühlhausen Seitenzahl: ca. 116 Seiten Preis: 150,– € inkl. USt. Zu beziehen ist der Health Report über www.zukunftsinstitut.de
Quellen
1. Spotlight on adolescent health and well-being. Findings from the 2017/2018 Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) survey in Europe and Canada. International report. Volume 1. Key findings, Jo Inchley et al, 2020, ISBN 978 92 890 5500 0.
2. Psychische Gesundheit und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie – Ergebnisse der COPSY-Studie, Ravens-Sieberer et al, Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 828-9.